Weinpreis(e) vs. Schmerzgrenze(n)


Wer – so wie ich – im Bekannten- und Verwandtenkreis dafür bekannt ist “sich für Wein zu interessieren”, kommt um die leidige Weinpreisdiskussion einfach nicht herum.

Hier der Versuch einer  Rechtfertigung Kategorisierung Erklärung – zum Leidwesen einiger Weinfreunde und zur Freude diverser Schubladendenker. Es gelten die Weinpreis-Stufen 5 Euro, 10 Euro und 100 Euro.

Wer kennt das nicht:

Kaum kommt das Thema Wein auf, finden sich ettliche Gelegenheitsweinkenner Konsumenten, die auf “Ihren” ALDI-, LIDL- und/oder Netto-Wein für ” nur” 3,99 Euro schwören. Und wenn wir mal ganz tief in uns gehen, müssen wir zugeben, nur sehr wenige stichhaltige Argumente gegen “schmeckt mir halt” aufführen zu können. Das ultimative Killerargument der Discounter-Zecher (die immerhin nahezu 3/4 der Gesamtkonsumenten ausmachen) ist hierbei das oben genannte “Hauptsache, er schmeckt mir.” Tja, was will man da noch zum Weinpreis sagen.

Obwohl es ja auch wieder schizophren ist beim Bier auf des deutsche Reinheitsgebot von anno dunnemal zu pochen, aber beim Wein nach dem Motto zu handeln: “Mir egal wie die es gemacht haben, Hauptsache es schmeckt, knallt und gibt keinen Schädel!” Ein wenig fühle ich mich hier an das Statement von Dirk Würtz erinnert, der die wahre Kunst des Weinmachens im Keller sucht und eben daher im Glas findet. Prinzipiell hat er ja Recht, aber welcher Weinfreund würde das eingestehen?

Da helfen auch keine noch so schlüssig vorgetragenen Rechen(bei)spiele wie viel von einem 5 Euro-Wein noch beim Winzer hängen bleibt (Habe den Link zum entsprechenden Artikel leider verzottelt). Darf dem Kunden ja auch egal sein, oder? Ich habe daher mal 3 Weinpreis-Schmerzgrenzen definiert, die vielleicht nicht ultimativer Fakt sind, das Ganze aber einigermaßen schlüssig erklären. Nicht mit einbezogen habe ich die “Zuschläge” für Parker und Co.

LEH-Schmerzgrenze: 5 Euro

Ausgehend von des Discountern liegt in diesem Weinpreis-Segment wohl annähernd 90% der angebotenen Weine. Beziehe ich den Preis auf den Liter dürften es sogar noch ein paar Prozent mehr sein. Für den Lebensmittelhandel spielt sich hier das Hauptgeschäft ab. Es ist (fast) egal, was auf der Flasche (oder dem Tetra-Pak) steht – sprich Herkunft, Jahrgang, Rebsorte, etc. Unterschieden wird nach rot, rosé oder weiß sowie trocken, halbtrocken und süß. Gerne auch noch griffige Markennamen aus der Fernsehwerbung. Fertig.

Am oberen Rand dieses Segments gibt es dann allerdings doch noch den ein oder anderen Wein, der die Rebsorte, den Jahrgang oder sogar die Herkunft preisgibt. Das sind dann LEH-Topweine. Was darf ich also von einem solchen Wein erwarten? Eigentlich nur, dass er ” nicht weh tut” “schmeckt”. Reicht ja wohl auch, oder? Die wenigsten Kunden denken aber daran, dass man beim Winzer für unter 5 € u.U. schon einen richtig guten und charaktervollen Wein erstehen kann. Man fährt ja seine Milch auch nicht (mehr) beim Bauern holen…

Winzer-Schmerzgrenze: 10 Euro

Es ist schon interessant zu sehen, wie viele Winzer sich schwer damit tun mehr als 10 Euro für ihren Wein zu verlangen. Dabei ist es doch im Grunde so einfach: Die Gefahr für (über) 10 Euro einen schlechten Wein zu erwischen ist denkbar gering. Ich unterstelle zwar grundsätzlich jedem Winzer jeden Wein gut mach zu wollen, aber ab der magischen 10 Euro-Grenze  (VK ab Hof) gibt er sich erst recht richtig Mühe.

Darunter kann man natürlich auch Unmengen guter Weine finden und das Gros des Angebots bewegt sich ja auch in diesem Bereich, aber darüber traut es sich der (deutsche) Winzer entweder nicht zu oder er kann es wirklich nicht. Denjenigen, die sich trauen (und es können) gibt der Erfolg recht. Für die Selbstvermarkter und übrigens auch die meisten Fachhändler stellt somit das Segment von 5 bis 10 Euro das Hauptgeschäft dar. Die Auswahl ist groß, die Qualität in aller Regel gut bis sehr gut und noch besser. Die Mutigen (Winzer) haben allerdings die höhere Rendite!

Weinfreunde-Schmerzgrenze: 100 Euro

Um es vorab zu sagen: diesen Wert habe ich willkürlich gewählt. Hier hätten genau so gut 50 oder 500 Euro stehen können. Mir geht es dabei weniger um einen konkrete Grenze als vielmehr um die Feststellung, dass es eigentlich keinen rationalen Grund (sprich Herstellungskosten) gibt (mehr als) diesen Betrag zu zahlen. Vielmehr liegt es ausschließlich im Ermessen des einzelnen Weinfreunds, ob er bereit ist, diesen Weinpreis zu berappen.

Dabei spielt es auch nur eine sehr individuelle Rolle, ob dieser Wein jetzt durch Parker gehypt wurde oder nicht. Es darf bezweifelt werden dass es allzu viele Winzer gibt, die ihre Weine unmittelbar zu diesen Preisen vermarkten können, von den ganz großen Namen einmal abgesehen. Wer es trotzdem (mit Erfolg) tut: meine Hochachtung.

Fazit

Ja, ein Wein darf 100 oder mehr Euro kosten. Ob er es auch Wert ist liegt ausnahmslos im Auge des potentiellen Käufers. Hier gelten die Gesetze von Angebot und Nachfrage uneingeschränkt. Und ja, es gibt “gute” Weine für unter 5 Euro, vorzugsweise direkt beim Winzer. Auch hier liegt der Maßstab in der Hand des einzelnen Konsumenten. Wer kann da schon widersprechen?

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