Barolo-Yuppie vs. Trollinger-Gruftie
Um es direkt vorab zu sagen. Hier geht es mir nicht um die diversen – im Titel genannten – Weine (Barolo & Trollinger), sondern um deren Konsumenten. Oder vielleicht doch um den Wein als solches und sein Image.
Ach nein, es geht vielmehr um das Image des Weintrinkers!
Die Werbung sieht den Stereotyp “Weinfreund” als erfolgreichen Schlipsträger Mitte bis Ende 30 , der Abends auf der Terrasse seines Lofts ein Glas Wein in der Hand hält und auf die Stadt “herabschaut”. Oder sie entwirft das Bild der Gruppe junger Menschen, die fröhlich lachend im Weinberg Wein aus hochstieligen Gläsern trinken. Barolo-Yuppie. Schöner Schein.
Denn die Realität sieht doch ganz anders aus.
Auf Weinfesten und in entsprechenden Winzerstuben ist man doch mit 50 noch ein junger Hüpfer. Weinlokale und Straußwirtschaften haben meist noch das “Eiche dunkel”-Flair der muffigen 50er und bei vielen Winzern wird man erst ab “grau-meliert in der E-Klasse” ernst genommen. Mit anderen Worten: die Weinwirtschaft geht nicht nur im Rahmen der aktuellen Wirtschaftskrise den Bach hinunter – ihr stirbt auch nach und nach die Klientel weg. Ich selbst bin vor 5 Jahren als Mitdreißiger bei meinem Junggesellenabschied zum Weinfest nach Boppard am Rhein “geschippert” worden. Die Jungs und ich haben damit das Durchschnittsalter um gefühlte 25 Jahre nach unten gezogen. Trollinger-Grufties. Ich mittendrin.
Wo liegt also das (Image-) Problem mit dem Wein und der Jugend U35?
Ist Wein nicht “cool” genug? Nicht “hip” genug? Oder hat die Zielgruppe der MTV- und VIVA-Generation einfach noch Keiner wirklich beackert? Wohl kaum. Denn peinliche Print- und andere Kampagnen z.B. des DWI gab es ja schon zu Hauf. Hier hat (nicht nur) der Goldene Hirsch keinen wirklichen Stich gemacht. Gar nicht erst anfangen will ich von den täglichen bunten Werbeblättchen im Briefkasten, in welchen die diversen Discounter ihre Plörre zu Dumping-Preisen unters Volk bringen: vom Pennerglück im Terta-Pack bis hin zum “ausgesuchten Spitzenwein” für “nur 3,99 €”. Ist ALDI eigentlich schon der größte deutsche Weinhändler oder erst noch auf dem Weg dahin? Natürlich gibt es auch jugendliche Besucher auf Weinfesten. Nur bilden diese eher eine Minderheit. OK, das ändert sich dann schlagartig gegen Mitternacht.
Natürlich gibt es auch coole Vinotheken und Lounges, allerdings ist hier oft die Türschwelle eher eine Hemmschwelle vor lauter Design und Verkäufern in teuren Hemden. Und natürlich gibt es Weinhöfe und Straußwirtschaften, die zeitlos oder modern gestaltet sind. Hier hoffe ich dann immer auch, dass ich mit 2 Kindern willkommen bin, gerne auch zum Trollinger…
Meine eigentliche Hoffnung zur Verjüngung und Verbesserung des Wein-Images liegt allerdings nicht in der Werbung, den Verbänden oder irgendwelchen Marktforschungs-gläubigen Weinpredigern. Sie liegt ganz am Anfang der Kette: bei den jungen Winzern und Weinmachern. Sie haben es in der Hand, ein Generations-gerechtes oder auch gerne Generations-übergreifendes Produkt zu kreieren. Sie können z.B. mit dem Layout und Design ihrer Flaschen die Zielgruppen stärker diversifizieren und somit auch erreichen. Sie haben neue und gute Ideen und gehen zum Teil andere Wege als ihre Väter. Und das, obwohl auch diese keine schlechten Weine gemacht haben! Sie sind vor allem selbst Teil dieser Generation.
Die “jungen Wilden” haben außerdem heute die Möglichkeit die neuen Medien für ihre Zwecke zu nutzen. Und auch keine Berührungsängste mit dieser Technologie, ebenso wenig wie mit den neuen Technologien im Weinbau.
Wie jetzt? Barolo-Yuppie oder Trollinger-Gruftie?
Alles in Allem sehe ich die Zukunft der Weinwirtschaft gar nicht mal so schwarz. Es wird sich eben nur einiges ändern müssen. Gerade hier am Mittelrhein wäre eine solche Verjüngungskur mal dringend nötig. Sowohl im Weinberg als auch im Schankraum, auch wenn es hier am Rhein eher Riesling als Trollinger aus dem Wein-Römer gibt. Dafür aber auch sehr gute…